Reife Märkte, etablierte Anbieter, wenig Innovation: Warum Vliesstoffe trotzdem eine lukrative Zukunft haben.
19/11/2009
In den letzten 20 Jahren ist der Gesamtmarkt für Vliesstoffe in Europa um ca. 9 % jährlich gewachsen. Dabei haben sich die Anteile der Zielmärkte, in die die Vliesstoffe geliefert werden, gleichmäßig weiter entwickelt. Wichtigster Abnehmermarkt ist nach wie vor die Hygieneindustrie, vor der Bauindustrie. Hinzu gekommen sind in den letzten Jahren die Wischtücher - Wipes an dritter Stelle. Auch konnten sich Vliesstoffe in der Luft-, Gas- und Flüssigkeitsindustrie behaupten. Alle anderen Abnehmerbranchen liegen prozentual weiterhin unter 5 % des Gesamtmarktes.
Hinsichtlich der verwendeten Fertigungsverfahren gab es einen eindeutigen Trend in Richtung Spinnvliese / Meltblowns. V. a. die großen Volumensegmente wie Hygiene und Bau werden von Spinnvliesstoffen dominiert, während im Wipesbereich neben verschiedenen Tissues vorwiegend Spunlace / wasserstrahlverfestigte Vliesstoffe zum Einsatz kommen. Faservliese konnten weiterhin in den technischen Anwendungen, der Filtration und bei Einlagestoffen / Schuhen und Lederwaren ihre Märkte finden. Die vorwiegend verwendeten Materialien sind PET, PP, Viskose sowie Pulp. Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsdiskussion hat auch der Einsatz von Baumwolle für die Vliesherstellung an Bedeutung gewonnen. Ein besonders positives Wachstum konnten in den letzten 20 Jahren Hersteller von Vliesstoffen verzeichnen, die Spunlaid, Airlaid und Spinnvliesprodukte herstellten und insbesondere die, die sich im Bereich der Hygiene, Wipes und in der Filtration etablieren konnten. Dennoch hat sich die Anbieterstruktur kaum verändert. Damals wie heute erzielen die Top 10 der weltweiten Anbieter von Vliesstoffen rund 70 % aller Umsätze der Top 30 Anbieter. Auch haben sich die ersten drei Plätze nicht verändert, während lediglich zehn der Top 30 Firmen aus dem Jahr 1989 auch heute noch zu den wichtigsten Herstellern gehören. Mittlerweile haben sich viele kleinere Hersteller, insbesondere aus Schwellenländern, etabliert. Durch die Verschiebung der Fertigungstechnologien in Richtung Spinnvliese hat sich das Bild der Industrie in Bezug auf Innovationen stark gewandelt. Durch die enorme Kapazitätsausweitung und der damit einhergehenden Anforderungen an die Kapazitätsauslastung wurde sehr stark auf Auslastung gesetzt und weniger in neue Produkte investiert. Lediglich die Wipes bilden hier eine Ausnahme. Experten gehen davon aus, dass sich der Anteil der Spunmeltprodukte am Gesamtmarkt von heute mit rund 50 % nicht mehr stark verändern wird. Gerade deshalb sind heute auch wieder Innovationen im Bereich der trocken gelegten Fasern gefragt. Schlegel und Partner sieht insbesondere im Bereich der Medizinprodukte sowie in speziellen Hygieneanwendungen sehr viele Möglichkeiten, mit trocken- und luftgelegten Vliesstoffen auch weiterhin mit dem selben Wachstumstempo voranzukommen wie das in den letzten 20 Jahren geschehen ist. Hier sind insbesondere Querschnittsentwicklungen wie z. B. das Einbringen von Wirkstoffen in eine Vliesstoffmatrix oder die Einbringung von geruchshemmenden Materialien (Zeolithe, Aktivkohle) in ein dreidimensionales Vlies gefragt. Auch sind neuere Entwicklungen in Richtung elektrisch leitfähige Vliesstoffe sowie funktionelle Vliesstoffe (z. B. PCM Phase Change Materials) vielversprechende Entwicklungen. Neben dem Medikalbereich wird der Bereich Landwirtschaft in Zukunft ein wichtigerer Player im Bereich Vliesstoffe werden. Auch hier werden Querschnittsentwicklungen (Düngemittel / Wasserversorgung / Ernteverfrühung) gefragt sein.Die vorhandenen Megatrends wie demografischer Wandel in Europa und Japan, Bevölkerungswachstum im Rest der Welt, wachsende Terror- und Kriminalitätsgefahr sowie neue Krankheiten weiten den potenziellen Markt für Vliesstoffe aller Art weiterhin aus. Damit bleibt sozusagen alles beim Alten. Vliesstoff – das Material mit den 1.000 Gesichtern und Möglichkeiten.