M&A in Flüssigfiltration - Wie man profitable Akquisitionen durchführt

06.04.2016
M&A in Flüssigfiltration - Wie man profitable Akquisitionen durchführt
Der Anstieg von Biotechnologie und Aussagen wie „Wasser, das neue Öl“ trieben die Investitionen in Flüssigfiltrationstechnologien in den letzten Jahren an. Schlegel und Partner analysierte die Akquisitionen im Bereiche der Flüssigfiltration seit 1998 bis heute. Das Produktangebot des Erwerbsziels, die Aufstellung des Erwerbers sowie der durchschnittlich bezahlte Preis wurden dabei als potenzielle Erfolgsfaktoren identifiziert.
„Biotechnologie ist die Zukunft der Menschheit“ oder „Sauberes Wasser ist das neue Gold“ sind kraftvolle Aussagen, die von Führungspersonen aus Politik, Handel und Wissenschaft getroffen werden. Ein Prozess, der sowohl für Biotechnologie als auch für sauberes Wasser immer wichtiger wird, ist die Flüssigfiltration, welche traditionelle Filtration und Membranfiltration miteinbezieht. Laut Prognose wird der Markt für Flüssigfiltration in den nächsten fünf Jahren mit einem CAGR von 8 % wachsen; führende Unternehmen wie Merck Millipore, Pall und Sartorius erwirtschafteten EBITDA-Margen von 20-30 % und erhöhten ihren EV (Unternehmenswert) um das Zehnfache in den letzten drei Jahren. Dementsprechend entwickelten sich Flüssigfiltrationstechnologien in einen höchstinteressanten Bereich für Investitionen seit Beginn des neuen Millenniums bis zum heutigen Tage.

Seit 1998 führten börsennotierte Firmen alleine 18 Transaktionen im Bereich der Flüssigfiltrationstechnologie durch mit einem Wert von mehr als 40 Milliarden US-Dollar. Die Bewertung erstreckte sich vom Zehnfachen bis zum 23-fachen EV/EBITDA mit einem Median vom 15-fachen.

Schlegel und Partner analysierte diese Geschäfte bezüglich deren Erfolge und der Gründe für den Erfolg beziehungsweise Misserfolg und verglich sie mit Geschäftsentwicklungen von Referenzgruppen (durch den Vergleich der TSR=Total Shareholder Return*). Über diese Transaktionen hinweg generierten die erwerbenden Unternehmen 3 % weniger jährliche Rendite als die anderen – generell waren sie somit nicht erfolgreich. Dennoch lohnt sich eine nähere Betrachtungsweise, um die Formen der Geschäfte zu identifizieren, welche andere Resultate erbrachten.

In den Jahren 1998 bis 2004 fokussierten sich die Geschäfte auf Wasseraufbereitungstechnologien, bei denen breitgefächerte Unternehmen wie GE, Siemens oder Veolia Firmen erwarben, welche eine Reihe an Produkten und Services der Flüssigfiltration boten, zum Beispiel Filter, Filterzubehör und Projektservices. Seit 2004 bis jetzt fokussierte sich die Mehrheit der Geschäfte auf Membranproduzenten. Major-Deals waren Cuno und Polypore von 3M, Zenon von GE, Millipore von Merck und zuletzt Pall von Danaher. Das könnte zur Frage führen, ob Akquisitionen der Wasseraufbereitungstechnologie oder der Membrantechnologie erfolgreicher waren. Nichtsdestotrotz erwirtschafteten beide Arten Jahresgewinne, welche um 2 bis 3 % niedriger waren als die der Referenzgruppe. Daraus folgt: Beide waren gleich schlecht.

Ein Treiber für einen besseren TSR könnte aber auch die Fähigkeit sein, ein Schnäppchen durch den Erwerb von unterbewerteten Zielen zu machen. In diesem Falle würden Geschäfte mit einer unterdurchschnittlichen EV/EBITDA-Bewertung höhere Rendite erzielen. Hier war das Gegenteil der Fall: Geschäfte mit einer überdurchschnittlichen EV/EBITDA-Bewertung führten zu 12 % höheren Jahresrenditen der Erwerbern als die, welche die „günstigen“ Geschäfte mit unterdurchschnittlichem EV/EBITDA vom unter 16-fachen. Erfolgreiche Unternehmen pickten sich die Rosinen heraus, aber mussten einen entsprechenden Preis bezahlen. Natürlich bedeutet dies nicht automatisch, dass höhere Preise bessere Geschäfte sind. Finanzierungsrisiken und Firmenwerteffekte in der Bilanz müssen gegenüber höheren Renditen abgewogen werden.

Wenn die Art des Erwerbziels keinen Einfluss auf den Erfolg des Geschäfts hat, könnte die Aufstellung des Erwerbers von signifikanter Bedeutung sein. Zwei Gruppen können dabei beobachtet werden: Zum einen gibt es industrielle Unternehmen, welche Erfahrung in generellen Prozesstechnologien haben, jedoch unerfahren in den Bereichen der Filtration, Flüssigverfahren oder Biowissenschaft sind. Auffallend sind hier: 3M, LG, GE, Siemens oder Veolia. Diese Unternehmen versuchen ihr Geschäft mit Flüssigfiltrationstechnologien auszuweiten, aber erbrachten 8 % weniger Rendite als ihre Referenzgruppe.

Die Geschäfte der zweiten Gruppe wurden von Unternehmen angetrieben, die im Sektor der Flüssigverfahren und Biowissenschaft bereits präsent sind. Zu diesen Unternehmen zählen Alfa Laval, Danaher, Merck, Pall, Pentair und US Filter Corp. Sie erzielten um 3 % höhere Renditen als ihre Referenzgruppe.

Wer sind denn nun die Gewinner der 40 Milliarden US-Dollar-Geschäfte? Man kann sagen: Es ist unbedeutend, welche Art an Flüssigfiltrationstechnologie das Erwerbsziel anbietet. Es ist wichtiger, wie verbunden der Erwerber bereits mit der Flüssigfiltration ist und ob das Unternehmen fähig ist, sich das Beste unter den verfügbaren Erwerbszielen herauszusuchen.

Dies kann anhand zweier Aspekte erklärt werden: Wenn einerseits die Tätigkeiten des Unternehmens schon in Verbindung mit Flüssigfiltration stehen, ist das operative Synergiepotenzial signifikant höher. Es können beispielsweise die kombinierte Nutzung von Produktions- und F&E-Posten oder die Kombination aus Vertriebs- und Marketingaktivitäten sein.

Ein zweiter und sehr wichtiger Aspekt ist die Marktkenntnis des Erwerbers. Selbst wenn das Unternehmen keine Expertise im Markt des Erwerbsziels haben möge, hat es ein Gefühl von dem Marktumfeld. Viele Unternehmen, die versuchten, ihr Geschäft auszuweiten, unterschätzten die Komplexität und Wettbewerbsfähigkeit des Flüssigfiltrationsmarktes.


Angezogen von den Wachstumsmöglichkeiten planten diese Unternehmen mit einem gesunden Wachsen und einem profitablen Geschäft. Nichtsdestotrotz erwarteten sie nicht, dass diese Wachstumsaussichten auch neue Unternehmen aus Asien anlockten. Darüber hinaus wurde der Markt für Meerwasserentsalzung schnell zum Standard, geprägt von einem hohen Anteil an Preisdruck. Folglich waren die Renditen der Akquisitionen weit unter den Erwartungen und erwirtschafteten ungefähr 10 % weniger Jahresrendite als ein Durchschnittsgeschäft der Flüssigfiltrationstechnologie.

Ein ähnliches Bild ergibt sich im Membrangeschäft der Biowissenschaft. Unternehmen versuchten, ihr Geschäft in einem höchstprofitablen Markt auszuweiten und scheiterten an der Konkurrenz gegen die „Big Three“ (Pall, Millipore, Sartorius), da sie deren Stärke und die Rigidität des Marktes unterschätzten.

Bedeutet dies aber, dass nur Erwerber mit bestehenden Beziehungen zum Flüssigfiltrationsgeschäft erfolgreich sein können? Die klare Antwort ist: nein. Auch Unternehmen mit keinem oder wenig Bezug zur Flüssigfiltration können erfolgreiche Geschäfte abschließen, wenn sie sowohl mehr in die Vorbereitungsphase einer M&A-Transaktion als auch in externes Wissen und Unterstützung investieren. Die Prüfung von Erwerbszielen muss gründlicher durchgeführt werden durch die Betrachtung des Synergiepotenziales auf einer weniger ersichtlichen Ebene als es möglich ist für Transaktionen, die nahe am aktuellen Geschäftsfeld sind. Außerdem müssen Wissenslücken hinsichtlich langfristiger Marktentwicklungen, Wachstum, Profitabilität, Differenzierungspotenzial und Wettbewerb geschlossen werden, um die oben erwähnten Fehler zu vermeiden. Zusätzlich gewinnt kommerzielle Due Diligence an Wichtigkeit, um ein klares Bild an Synergiepotenzial und strategischer Positionierung zu setzen. Das Ziel muss noch genauer aus einer Marktperspektive überdacht werden, da es dem Erwerber gewöhnlich an Marktkenntnis fehlt, Langzeitpotenzial selbst zu beurteilen.
Alles in allem führten strategische Schlüsselelemente, um profitable Geschäfte durchzuführen, abgeleitet von der durch Schlegel und Partner vollzogenen Analyse von Geschäften in der Flüssigfiltration, zu den folgenden Empfehlungen:

1. Wissen Sie haargenau, was Sie kaufen? Fragen Sie sich ehrlich, ob Sie wirklich genug Kenntnis und Kapazitäten haben, um das Marktumfeld und das Zielobjekt selbst detailliert einzuschätzen, damit die Aussichten des Unternehmens und das Synergiepotenzial bestimmt werden kann. Falls Sie sich die ehrliche Antwort geben, dass Sie nicht genug wissen, holen Sie sich externe Unterstützung im Vorfeld der Akquisition.

2. Kaufen Sie nicht ein Unternehmen, nur weil der Markt anziehend wirkt und wächst. Nur weil ein Markt stark wächst (Wasseraufbereitung), heißt es nicht, dass er nachhaltig profitabel ist. Oder nur weil ein Markt profitabel ist (Membrane der Biowissenschaft), heißt es noch lange nicht, dass Sie mit Ihrem Erwerbsziel im Markt teilhaben können.

3. Kaufen Sie nicht ein Unternehmen, weil es ein Schnäppchen ist. Kostspielige Geschäfte (überdurchschnittliche EV/EBITDA-Multiple) ergaben signifikant bessere Renditen. Im Markt für Flüssigfiltration, der enorm mit sehr profitablen Segmenten ansteigt, hat ein gut positioniertes Unternehmen, welches beide Kriterien erfüllt, einfach seinen Preis.

*Methodik:
Schlegel und Partner überprüfte globale Akquisitionen von Unternehmen, welche seit 1998 aktiv in der Flüssigfiltration sind, mithilfe verschiedenster Quellen, wie M&A-Datenbanken, Analyseberichten und Unternehmenspublikationen. Um den Erfolg zu evaluieren, wählte Schlegel und Partner die Analyse des relativen TSR (=Total Shareholder Return verglichen mit dem Referenzgruppen-Index) der Erwerber. Aus diesem Grund wurde die Entwicklung des Börsenpreises des Erwerbers plus Dividende im Zeitraum seit der Akquisition bis zwei Jahre danach oder bis zum aktuellen Zeitpunkt analysiert. Dieser TSR wurde mit deren industriellen Referenzgruppe gebenchmarkt (hier wurde Dow Jones Industrial Average gewählt). Da der TSR nur auf börsennotierte Unternehmen anwendbar ist, wurde die Liste nach börsennotierten Erwerbern gefiltert. Anschließend wurden die Geschäfte anhand verschiedener Aspekte analysiert, wie dem Produktportfolio des Erwerbziels, strategische Aufstellung des Erwerbers, Beweggründe der Akquisition und direkt geschäftsbezogener Daten wie EV und bezahlter Multiples.

© Schlegel und Partner 2016

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