Automotive OEM neu gedacht – Wie OEMs die Veränderungen des Automotive Independent Aftermarket aktiv mitgestalten

22.04.2020
Automotive OEM neu gedacht
Strukturelle Veränderungen im Automotive Aftermarket schaffen neue Potentiale für Geschäftsfelder und Marktteilnehmer.

Welche Marktbearbeitungsstrategien sind sinnvoll und welche Rolle spielen strukturelle, länderspezifische Besonderheiten?
Über viele Jahre hinweg existierte die Segmentierung des europäischen Ersatzteilmarktes in Original-Ersatzteil-Service (OES) und unabhängige Anbieter (IAM). Mit individuellen Logistik- und Werkstattkonzepten und oft eigenständigen Markenauftritten positionieren sich führende OEMs gezielt im freien Ersatzteilmarkt. Die Expansionspläne sind teils ehrgeizig - etablierte Liefer- und Wertschöpfungsketten sind im Wandel. Der Verdrängungs-wettbewerb setzt vor allem kleine Marktteilnehmer und private Werkstätten zunehmend unter Druck. Aber auch die Zulieferer sind wachsam und richten ihre Aktivitäten entsprechend aus.

Im Ersatzteilmarkt tummeln sind zahlreiche Player auf unterschiedlichsten Wertschöpfungsstufen mit den verschiedensten Marktbearbeitungsstrategien. Sich im vergleichsweise margenstarken IAM-Segment positionieren zu wollen, ist kein neuer Versuch der OEM. Dennoch nimmt der vor einigen Jahren von PSA gestartete Europa-Aftermarketansatz mit den Marken Distrigo und Eurorepar zunehmend Fahrt auf. Das international individuell adaptierte PSA-Werkstattkonzept und etablierte Logistikmodelle scheinen erfolgsver¬sprechend genug zu sein, um eine Reihe anderer namhafter OEM wie Renault, Ford und VW zum Agieren zu animieren.

Kommunizierte Expansionsstrategien reichen über Europa hinaus nach USA und Asien. Dies bleibt nicht unbemerkt. Im Spannungsfeld zwischen nationalen und internationalen Werkstatt(-ketten), Groß- und Einzelhändlern, Distributoren und OEM intensiviert sich der Wettbewerb weiter. Neue Geschäftsbeziehungen und Marketingkonzepte sollen helfen, die bestehende Marktposition zu sichern oder langfristig aufzubauen. Die Veränderung reicht bis in die Organisationsstruktur vieler Automotive–Tiers hinein. Sie muss auf die neuen Anforderungen des Kunden ausgerichtet werden, um das OES-IAM Geschäft zu bedienen.

Durch globale Investoren und europäische Distributoren wird zudem die Konsolidierung des stark fragmentierten Marktes auf nationaler Ebene vorangetrieben. Neben einer wachsenden internationalen Preistransparenz geraten vor allem kleinere Marktteilnehmer zunehmend unter Druck. Um sinkenden Margen entgegenzuwirken, schließen sie sich vermehrt größeren Ketten oder Handelskonzepten an. Dies sichert die Ersatzteilverfügbarkeit, kanalisiert aber zugleich ihre Lieferkette oder schränkt das Produktprogramm ein. Im IAM sind Ersatzteil-Lieferungen im 2-3h Takt keine Seltenheit mehr.

Die Geschäftsbeziehungen im Aftermarket sind vielschichtig. Betrachtet man europäische Länder im Detail, fallen starke Unterschiede in den Marktan¬teilen von OES und IAM auf. Neben nationalem Fuhrpark-Alter, hängen sie von einer Vielzahl anderer Faktoren wie nationalen Marken, lokalen Distributoren, Ländergröße, Bevölkerungsdichte und Infrastruktur ab. So ist die Präsenz der Original¬ausrüster / OE – Werkstätten und die Markenverbundenheit in der dicht besiedelten Autofahrernation Deutschland besonders hoch, während im relativ dünn besiedelten Spanien die Rolle der kleinen, unabhängigen Werkstätten hervorsticht.

Auch Garantiezeiten haben einen Einfluss. Vor allem Premium-Anbieter arbeiten aktiv an Konzepten zur Intensivierung der Werkstattbindung. Die IAM-Aktivitäten der Premium-OEM sind vergleichsweise gering. Einige OEM haben erkannt, dass eine erfolgreiche Bearbeitung der lokalen Ersatzteil-Märkte von der Konzeptanpassung an individuelle Gegebenheiten abhängt. Eine zu starre Regelung von Distributions- und Werkstattprozessen hemmt das Andocken an bestehende Supply Chains. Flexibilität in definierten Leitplanken ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Mitgestalten der sich wandelnden, lokalen Aftermarket-Struktur. So findet aktuell ein Überdenken der oft zentralen Lager- und Distributionskonzepte vor dem Hintergrund einer Optimierung über dezentrale Strukturen statt.

Große Händler und Distributoren sehen ihre Marktposition aktuell kaum gefährdet, beobachten aber wachsam alle Aktivitäten. Eine in der Branche erwartete und nicht unwahrscheinliche Kooperation zwischen OEMs und großen Distributoren kann im nationalen Ersatzteilmarkt zu erheblichen Verwerfungen auf Werkstatt- und Handelsebene führen.

Durch die Kombination von umfangreichem, länderspezifischem Aftermarkt-Wissen mit den Besonderheiten der Automotive Players aller Wertschöpfungsstufen unterstützt SuP bei der Konzeption von produktspezifischen Marktbearbeitungsstrategien. Wir helfen dabei, die notwendige Transparenz zu schaffen, um unternehmerische Entscheidungen zu ermöglichen.

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