Motorradproduktion in Indien boomt
23.09.2014Lange Zeit haben indische Motorradhersteller hauptsächlich für den inländischen Markt produziert. Nun sind sie dabei, sich zu internationalisieren.
Der indische Markt für Motorräder ist einer der wichtigsten der Welt: Im Jahr 2013 wurden hier 15,8 Millionen Zweiräder über 50 ccm gebaut. Dies entspricht mehr als einem Viertel der weltweiten Produktion. Von der inländischen Produktion wurden ca. 9 Millionen auf dem heimischen Markt abgesetzt, während mehr als 6 Millionen exportiert wurden.Für Motorradexperten sind die Namen von indischen Herstellern wie Bajaj, Hero oder TVS keine Fremdworte mehr. Bis vor etwa fünf Jahren bauten diese Unternehmen Motorräder vor allem für den Inlandsbedarf. Nun haben sich die Aktivitäten der indischen Hersteller aber deutlich geändert. Dabei können zwei wesentliche Trends beobachtet werden: Zum einen globalisieren sich die indischen Hersteller. Zum anderen errichten immer mehr bekannte Produzenten aus dem Ausland (USA, Japan, Europa) Produktionsstätten auf dem Subkontinent.Ein gutes Beispiel für Internationalisierungsaktivitäten ist der indische Hersteller Bajaj. Nachdem das Unternehmen einen 48-prozentigen Anteil an KTM in Österreich erworben und damit Zugang zur Expertise des österreichischen Unternehmens erhalten hat, war die Produktion von mittelschweren Motorrädern für den Weltmarkt aus Indien heraus der nächste logische Schritt. Für eine so starke Marke wie KTM ist es damit offensichtlich kein Problem, Motorräder „Made in India“ global zu vertreiben. In Indien stellt Bajaj-KTM zurzeit pro Jahr zwischen 25.000 und 35.000 Motorräder in der Klasse zwischen 125 und 390 ccm unter dem Produktnamen Duke her.Von den Motorradherstellern mit Unternehmenshauptsitz außerhalb Indiens waren vor allem die japanischen Hersteller in den vergangenen Jahren in Indien am aktivsten: Honda, Yamaha und Suzuki haben hier Produktionsstätten eröffnet oder sich an Joint Ventures beteiligt. Sie produzieren dabei nicht nur Zweiräder für den indischen Markt: Honda etwa verkauft seine in Indien produzierten Ein-Liter-Maschinen vor allem im Ausland.Mittlerweile gelten in den Fertigungshallen in Indien hohe technische Standards. Die Ausbildung der Arbeitskräfte ist ebenso auf sehr hohem Niveau. Damit sind die Probleme der Vergangenheit bei der Produktion in Indien zumindest für den Motorradbereich offensichtlich beseitigt.Von den deutschen Herstellern sticht vor allem BMW hervor. Das Münchener Unternehmen bandelt seit einiger Zeit mit TVS in Indien an. Für BMW ist es eine gute Gelegenheit, Zugang zu Produktionskapazitäten mit niedrigen Kosten zu erhalten. Für TVS auf der anderen Seite, stehen die Möglichkeiten eines Technologietransfers im Vordergrund. Beide Unternehmen haben vereinbart, die Produktion von Motorrädern in der Klasse zwischen 250 und 500 ccm in Indien aufzunehmen. Dabei werden die Zweiräder in Indien unter der Marke TVS, im Ausland jedoch als BMW-Zweiräder vertrieben.Andere Unternehmen, die zurzeit ausgezeichnete Möglichkeiten in Indien sehen, sind Ducati (Start der Produktion im Jahr 2011), Harley Davidson (2011) und Triumph (2014). Alle drei haben mit einer CKD (completely knocked down) Produktion begonnen. Triumph und Harley werden in Zukunft aber zu einer kompletten Produktion in Indien übergehen, um mehr von dem geringen Kostenniveau zu profitieren. Für den weltberühmten Hersteller Harley Davidson ist es das erste Mal in der Geschichte, dass die Produktion außerhalb der Vereinigten Staaten erfolgt. Dies unterstreicht umso mehr die Bedeutung von Indien als ein Standort zur Motorradherstellung von Weltruf und steht auch für das Vertrauen in die Fähigkeiten der indischen Fertigungseinrichtungen.Auch Zulieferer in die Motorradindustrie sind nun in Indien präsent. Zum Beispiel stellt der bekannte italienische Bremsenhersteller Brembo Komponenten unter dem Markennamen Bybrem in einem indischen Tochterunternehmen her.Die Zeiten, in denen Motorräder "Made in India" unter einer geringen Reputation gelitten haben, sind damit offensichtlich vorbei.