Mensch und Maschine – Automatisiertes Fahren: Rechtlicher Rahmen und Haftungshürden
11.05.2015In den Köpfen der Ingenieure ist dies bereits seit den 1920er Jahren ein Traum: Autonomes Fahren. Knapp 100 Jahre später diskutieren wir die verschiedenen Möglichkeiten, diese Vision auf die Straße zu bringen. Doch welchen aktiven Beitrag leistet der Fahrer in automatisierten Fahrzeugsystemen? Und welche rechtlichen Hürden und Konsequenzen für den Schadensfall sind noch zu überwinden?
ABS, Transaktionskontrolle, ESP, Tempomat, Servolenkung, Bremsassistent, Einparkhilfe, Rückfahrkamera etc. - Fahrerassistenzsysteme sind schon lange auf dem Vormarsch - als effektive Helfer für den Fahrer. Die Tabelle zeigt die verschiedenen Stufen bis zum vollständig autonomen Fahren anhand SAE-, NHTSA- und BASt-Definitionen* auf.Diese Szenarien und Entwicklungsstufen bringen diverse rechtliche Probleme mit sich und werden sowohl global, kontinental als auch regional kontrovers diskutiert. SuP hat langjährige Erfahrung in der Trendforschung der Automobilzukunft und analysiert und bewertet u.a. die Spezifika der Regionen und Kontinente.*SAE – Society of Automotive Engineers, NHTSA - National Highway Traffic Safety Administration, BASt – Bundesanstalt für StraßenwesenUSA
Die USA orientiert sich zusätzlich zu den NHTSA Rahmenbedingungen an der Genfer Konvention von 1949. Hierbei ist zwingend vorausgesetzt, dass jedes Fahrzeug einen Fahrer besitzt, der jederzeit in der Lage ist, die Fahrzeugkontrolle zu übernehmen. Aber was genau ist hier mit Fahrer gemeint? Evtl. auch eine Maschine? ... und was heißt genau Kontrolle? Über die Erlaubnis von automatisiertem Fahren wird lt. US-Fahrzeug-Vorschriften in jedem Staat der USA individuell entschieden. Obwohl die Genfer Konvention offener bezüglich autonomen Fahrens ist, sind die USA aufgrund ihrer autarken Gesetzgebung pro Bundesstaat noch sehr weit von einer national geltenden Regelung entfernt. Die softwarebasierte Kontrolle zu Beschleunigung, Lenkung und Bremsen ist gesetzlich erlaubt – aber: zurzeit erst in vier Staaten zugelassen (Nevada, Washington, California, Florida).Europa
Bezüglich der Gesetzeslage für autonomes Fahren ist man in Europa und Deutschland noch etwas hinter den USA zurück. Allerdings werden sich bei einer Einigung die Rahmenbedingungen auf ganz Europa beziehen. Deshalb wird Europa eine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren übernehmen.Die EU ist an die Wiener Konvention von 1968 gebunden. Demnach ist der Fahrer verpflichtet, sein Fahrzeug jederzeit unter Kontrolle zu haben, um in der Lage zu sein, alle notwendigen Manöver durchzuführen. Diese Konvention soll im Mai 2015 überarbeitet werden, mit dem Ziel, Assistenzsysteme dann zu erlauben, wenn diese zu jeder Zeit durch den Fahrer zu stoppen sind. Eine echte Weiterentwicklung oder eher eine dehnbarere Um-Definition? Ein Expertenausschuss der EU hat bereits den Regelkatalog für den Straßenverkehr ergänzt. Zusätzlich greifen die ECE-Regelungen (Economic Commision for Europe), die für die Durchführung automatisierten Fahrens angepasst werden müssten (z.B. korrigierende Lenkmanöver).Deutschland
Das Bundesverkehrsministerium lässt die Fahrassistenz-Systeme bereits zu und bestätigt dies mit einer entsprechenden Gesetzgebung.Soweit so gut - wenn alles rollt... aber wer haftet im Schadensfall?
Die Haftungsfrage im Schadensfall bei teil-, hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen ist nicht abschließend geklärt.Aktuell haftet in Europa der Fahrzeughalter und -nutzer jederzeit für das Fahrzeug und evtl. Schäden.
Mögliche Ausnahmen:
1. Ein Fehler im Fahrerassistenz-System ist eindeutig nachzuweisen, d.h. der Hersteller haftet aufgrund von technischen Störungen gegenüber dem Endverbraucher. Regressansprüche im Schadensfall würde der Verbraucher dann an den Hersteller geltend machen. Ein Problem bleibt jedoch die Beweislast. Eine Black Box wie in Flugzeugsystemen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen in DE nicht erlaubt.
2. Der Fahrer war nicht rechtzeitig zur Übernahme der Fahrzeugkontrolle bereit und im Versicherungsfall konnte ihm das nicht nachgewiesen werden. Liegt das Versagen in der Software, können Ansprüche gegenüber dem Zulieferer der Software geltend gemacht werden. Es ist vorstellbar, dass sich die Haftung in der Zukunft auf die Automobilhersteller und möglicherweise deren Zulieferer beschränkt, die dann als Verantwortliche für das Funktionieren des Systems wahrgenommen werden.Sollten die OEMs die Möglichkeit haben Verantwortung und Schuldfragen auf die Zulieferer abzuwälzen, werden sich keine Zulieferer bereit erklären, diesen Markt zu bedienen. Dies würde das K.O. für autonomes Fahren sein.Versicherer vertrauen auf Systeme
Die Automatisierung von Fahrzeugen wird unweigerlich zu Veränderungen in den Geschäftsmodellen von Automobilversicherern führen. Bereits heute bieten Versicherer 20 % Ermäßigung des Versicherungsbeitrags für Fahrzeuge mit Fahrassistenten an. Im Falle eines vollautomatisierten Fahrzeugs würde der Versicherungsbeitrag zunächst wegen des höheren Werts der Technik im Fahrzeug steigen. Doch da mit einer erheblichen Verminderung von Unfällen zu rechnen ist, kann man davon ausgehen, dass diese automatisierten Fahrzeuge einer günstigeren Schadens- und Beitragsklasse zugeordnet werdenTeilautomatisierte Fahrzeuge können sogar dazu genutzt werden – ähnlich wie in Italien – das Risikoprofil jedes individuellen Fahrers zu kalkulieren. Eine „Black-Box“ ist in der Lage, das Fahrverhalten aufzuzeichnen und somit eine Bonus-Malus Rechnung für den Versicherungsbeitrag zu erstellen. Diese Blackbox würde ebenfalls für die Haftungsfrage benötigt werden, da mit dieser die Sachlage im Schadensfall besser beurteilt werden kann. Die Zukunftsmodelle des autonomen Fahrens sind noch nicht abschließend mit allen rechtlichen Fragestellungen beantwortet. Schlegel und Partner hilft Ihnen bei der Bewertung von Strategien und Technologien unter Abwägung aller relevanten Einflussfaktoren.Lesen Sie im nächsten Newsletter, welche infrastrukturelle Fragestellungen zu überwinden sind und welche Rollen dabei Google, Apple und Alibaba spielen.
Die USA orientiert sich zusätzlich zu den NHTSA Rahmenbedingungen an der Genfer Konvention von 1949. Hierbei ist zwingend vorausgesetzt, dass jedes Fahrzeug einen Fahrer besitzt, der jederzeit in der Lage ist, die Fahrzeugkontrolle zu übernehmen. Aber was genau ist hier mit Fahrer gemeint? Evtl. auch eine Maschine? ... und was heißt genau Kontrolle? Über die Erlaubnis von automatisiertem Fahren wird lt. US-Fahrzeug-Vorschriften in jedem Staat der USA individuell entschieden. Obwohl die Genfer Konvention offener bezüglich autonomen Fahrens ist, sind die USA aufgrund ihrer autarken Gesetzgebung pro Bundesstaat noch sehr weit von einer national geltenden Regelung entfernt. Die softwarebasierte Kontrolle zu Beschleunigung, Lenkung und Bremsen ist gesetzlich erlaubt – aber: zurzeit erst in vier Staaten zugelassen (Nevada, Washington, California, Florida).Europa
Bezüglich der Gesetzeslage für autonomes Fahren ist man in Europa und Deutschland noch etwas hinter den USA zurück. Allerdings werden sich bei einer Einigung die Rahmenbedingungen auf ganz Europa beziehen. Deshalb wird Europa eine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren übernehmen.Die EU ist an die Wiener Konvention von 1968 gebunden. Demnach ist der Fahrer verpflichtet, sein Fahrzeug jederzeit unter Kontrolle zu haben, um in der Lage zu sein, alle notwendigen Manöver durchzuführen. Diese Konvention soll im Mai 2015 überarbeitet werden, mit dem Ziel, Assistenzsysteme dann zu erlauben, wenn diese zu jeder Zeit durch den Fahrer zu stoppen sind. Eine echte Weiterentwicklung oder eher eine dehnbarere Um-Definition? Ein Expertenausschuss der EU hat bereits den Regelkatalog für den Straßenverkehr ergänzt. Zusätzlich greifen die ECE-Regelungen (Economic Commision for Europe), die für die Durchführung automatisierten Fahrens angepasst werden müssten (z.B. korrigierende Lenkmanöver).Deutschland
Das Bundesverkehrsministerium lässt die Fahrassistenz-Systeme bereits zu und bestätigt dies mit einer entsprechenden Gesetzgebung.Soweit so gut - wenn alles rollt... aber wer haftet im Schadensfall?
Die Haftungsfrage im Schadensfall bei teil-, hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen ist nicht abschließend geklärt.Aktuell haftet in Europa der Fahrzeughalter und -nutzer jederzeit für das Fahrzeug und evtl. Schäden.
Mögliche Ausnahmen:
1. Ein Fehler im Fahrerassistenz-System ist eindeutig nachzuweisen, d.h. der Hersteller haftet aufgrund von technischen Störungen gegenüber dem Endverbraucher. Regressansprüche im Schadensfall würde der Verbraucher dann an den Hersteller geltend machen. Ein Problem bleibt jedoch die Beweislast. Eine Black Box wie in Flugzeugsystemen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen in DE nicht erlaubt.
2. Der Fahrer war nicht rechtzeitig zur Übernahme der Fahrzeugkontrolle bereit und im Versicherungsfall konnte ihm das nicht nachgewiesen werden. Liegt das Versagen in der Software, können Ansprüche gegenüber dem Zulieferer der Software geltend gemacht werden. Es ist vorstellbar, dass sich die Haftung in der Zukunft auf die Automobilhersteller und möglicherweise deren Zulieferer beschränkt, die dann als Verantwortliche für das Funktionieren des Systems wahrgenommen werden.Sollten die OEMs die Möglichkeit haben Verantwortung und Schuldfragen auf die Zulieferer abzuwälzen, werden sich keine Zulieferer bereit erklären, diesen Markt zu bedienen. Dies würde das K.O. für autonomes Fahren sein.Versicherer vertrauen auf Systeme
Die Automatisierung von Fahrzeugen wird unweigerlich zu Veränderungen in den Geschäftsmodellen von Automobilversicherern führen. Bereits heute bieten Versicherer 20 % Ermäßigung des Versicherungsbeitrags für Fahrzeuge mit Fahrassistenten an. Im Falle eines vollautomatisierten Fahrzeugs würde der Versicherungsbeitrag zunächst wegen des höheren Werts der Technik im Fahrzeug steigen. Doch da mit einer erheblichen Verminderung von Unfällen zu rechnen ist, kann man davon ausgehen, dass diese automatisierten Fahrzeuge einer günstigeren Schadens- und Beitragsklasse zugeordnet werdenTeilautomatisierte Fahrzeuge können sogar dazu genutzt werden – ähnlich wie in Italien – das Risikoprofil jedes individuellen Fahrers zu kalkulieren. Eine „Black-Box“ ist in der Lage, das Fahrverhalten aufzuzeichnen und somit eine Bonus-Malus Rechnung für den Versicherungsbeitrag zu erstellen. Diese Blackbox würde ebenfalls für die Haftungsfrage benötigt werden, da mit dieser die Sachlage im Schadensfall besser beurteilt werden kann. Die Zukunftsmodelle des autonomen Fahrens sind noch nicht abschließend mit allen rechtlichen Fragestellungen beantwortet. Schlegel und Partner hilft Ihnen bei der Bewertung von Strategien und Technologien unter Abwägung aller relevanten Einflussfaktoren.Lesen Sie im nächsten Newsletter, welche infrastrukturelle Fragestellungen zu überwinden sind und welche Rollen dabei Google, Apple und Alibaba spielen.