Produktmarken im B2B

29.05.2018
B2B Branding
Intern geliebt und verteidigt – beim Kunden oft nicht als Marke wahrgenommen

Auch B2B Unternehmen setzen auf die Macht der Marke und in vielen Unternehmen wird nach Jahren unklarer Markenstrategie und Wildwuchs aktiv an Markenarchitekturen gearbeitet. Dabei taucht auch immer wieder die Frage auf, welche Rolle Produktmarken im B2B Kontext spielen. Schlegel und Partner hat in einer Reihe von Studien herausgefunden: Beim Kunden kommen Produktmarken selten so wirksam an wie intern angenommen.
Im B2C Kontext ist das Markenmanagement schon seit Langem ein wichtiges Instrument zur Verkaufsförderung. Starke Marken sollen Umsätze steigern und Marketingbemühungen potenzieren. Im B2B Bereich kann eine gut positionierte Marke ebenso Gold wert sein. Der Umgang mit und die Wahrnehmung von Marken hat hier aber eigene Besonderheiten.

Problematisch ist zum einen die verbreitete Auffassung, ein Produkt – mit Namen, Logo und Verpackung – sei bereits eine Marke. Unternehmensintern kommt es so oft zu Missverständnissen, wenn über Markenmanagement gesprochen wird. Eine „Marke“ ist nicht gleichbedeutend mit „Produkt“ bzw. einem Produktnamen, sondern umfasst abstrakte Versprechen oder Eigenschaften. Alle Produkte, Dienstleistungen und Handlungen, die unter einer Marke zusammengefasst werden, müssen diese Eigenschaften besitzen und widerspiegeln. In Unternehmen wird dennoch häufig „Marke“ gesagt, wenn „Produkt“ gemeint ist. Oft geht das einher mit starken, emotionalen Bindungen zu eigenen Produkten und deren subjektivem Status als etablierte Marke.

Produktmarken sind zudem häufig aus einer guten Idee für einen Produktnamen heraus entstanden und an ein weiterführendes Markenmanagement wurde dabei selten gedacht. Eine Marke erfolgreich aufbauen ist jedoch ein weitaus umfangreicheres und komplexeres Unterfangen.

Den Kern einer guten Marke bilden Leistung und Konsistenz. Eine Marke formuliert ein Leistungsversprechen, wie etwa Innovation, Zuverlässigkeit oder Effizienz; diese Leistung muss erbracht werden. Dabei liegt ein Fokus auf der Vergangenheit, denn eine Marke stützt sich auf historische Verdienste, die das Unternehmen geleistet hat. Der Blick in die Zukunft muss sich an den Grundsatz Konsistenz halten. Alle Produkte, Handlungen und jede Form von Marktkontakt müssen mit den durch die Marke vorgegebenen Werten übereinstimmen. Um dabei erfolgreich zu sein, muss das Markenmanagement ein gemeinsames Wertesystem mit Handlungsgrundsätzen für das gesamte Unternehmen schaffen. Diese Aufgabe ist äußerst zeit- und kostenintensiv.

Darüber hinaus schlägt sich die verkaufsfördernde Wirksamkeit einer gut positionierten Marke im B2B nur eingeschränkt nieder. Die rationale Kaufentscheidung, die sich an Faktoren wie Preis, Qualität, Leistung, Zuverlässigkeit und Komplexitätsreduktion orientiert, spielt immer noch eine entscheidende Rolle. Ein durchdachtes Markenmanagement kann diese Entscheidung zwar positiv beeinflussen, hat aber dennoch einen weniger ausgeprägten Effekt als im B2C Bereich. Das liegt auch daran, dass bestimmte Rahmenbedingungen Kaufentscheidungen leiten. Aufwendige Freigabeverfahren, rechtliche Bindung oder gesetzliche Rahmenbedingungen, sowie Vorgaben wie Lastenhefte und Zertifikate führen zu Einschränkungen beim Kunden. Ebenso können solche Faktoren auch dazu führen, dass ein Kunde an ein Produkt gebunden ist und keineswegs aus „Markenloyalität“ wiederkauft.

Mehrere Untersuchungen von Schlegel und Partner haben nun gezeigt, dass der Kunde zudem einzelne B2B Produktmarken keineswegs so deutlich wahrnimmt wie im eigenen Unternehmen angenommen wird. Auf der Kundenseite sind die Produkte eher der Dach- oder Unternehmensmarke zugeordnet und werden nicht als eigenständige Marken gesehen. Die Namen der Produkte rufen dabei selten die Assoziationen mit Werten hervor, die von einer Marke transportiert werden sollten. Oft finden die Produktnamen beim Kunden nicht einmal Verwendung, da dort Artikelnummern oder Bezeichnungen wie „Material A von Unternehmen X“ gängig sind.

Nichtsdestotrotz bleiben Marken auch im B2B wichtig und sinnvoll. Eine starke Marke schafft Sicherheit beim Kunden und damit ein stabiles Geschäftsverhältnis. Produktmarken spielen besonders eine Rolle, wenn der Kunde das Produkt einsetzt bzw. verbaut und damit auch gegenüber seiner Kunden wirbt.

In Anbetracht der schlechten Wahrnehmung differenzierter Produktmarken, bzw. der Produktnamen, beim Kunden sowie des hohen finanziellen und zeitlichen Aufwands eines konsequenten Markenmanagements, rät Schlegel und Partner zu einer durchdachten und sinnvollen Gestaltung der Markenstrategie. Im B2B Bereich ist die Konzentration und Stärkung von Dach- oder Unternehmensmarken oft zielführender als der Kampf um den Erhalt einzelner Produktmarken. Im Zentrum sollten dabei immer die systematische Unterordnung aller Produkte und Dienstleistungen sowie die Schaffung eines konsistenten Markenimages stehen. Einzelne Produktmarken machen nur dann Sinn, wenn sie im Kern mit der Unternehmens- oder Dachmarke übereinstimmen und aktiv als Marke gepflegt werden.

© Schlegel und Partner 2018