Die Folgen von Schiefergas für die Industrie

04.02.2014
Die Folgen von Schiefergas für die Industrie
Schiefergas ist in aller Munde. In den USA läuft die Förderung von Schiefergas auf Hochtouren. Viele weitere Länder übertreffen sich mit Meldungen neuer Lagerstätten und hoffen, von diesem Boom zu profitieren. Wo und wie sich dieser Trend auf die einzelnen Industrien auswirkt, wird oft kontrovers diskutiert.
Die Gewinnung von Schiefergas mittels Fracking hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders in den USA hat diese Form der Förderung in den letzten Jahren rasant an Bedeutung gewonnen und wird zur Energie- und Wärmeerzeugung genutzt.

Fracking trägt dazu bei, dass die Stromkosten in den USA im Vergleich zu anderen Industrienationen eher am unteren Ende liegen. Dies bringt besonders die energieintensiven Industrien in den USA wieder in eine komfortable Wettbewerbsposition und könnte eine Re-Industrialisierung der zuletzt gebeutelten US-Wirtschaft fördern.

Auswirkungen auf die Chemische Industrie und ihre Produkte sind ab etwa 2017 zu erwarten, wenn die sich derzeit im Bau befindlichen Pipelines und Produktionsanlagen ihre Arbeit aufnehmen. Große Änderungen werden vor allem in den Commodities erwartet:
  • In den USA werden vermehrt kostengünstige Gascracker gebaut, die Bedeutung von Naphtacrackern geht zurück.
  • Es kommt zu einer Verschiebung des Produktionsoutputs hin zu Ethylen; Propylen, Butadien und Aromaten werden vergleichsweise teurer.
  • Die Preise der polymeren Typen Polyethylen (PE), besonders der Typen HD-PE und LLD-PE, werden deutlich unterhalb von PP sinken.

Kunststoffverarbeiter in den USA werden von dieser Entwicklung profitieren, da neben guter Versorgungslage auch geringe Energiekosten anfallen; ihre Investitionen dürften steigen.

In Europa hingegen werden viele existierende Naphtacracker unrentabel; Investitionen in Gascracker lohnen sich kaum noch. Zu beobachten ist heute schon die Umstellung des Produktionsoutputs hin zu Butadien, um weiterhin konkurrenzfähig zu produzieren.

Europäische Kunststoffverarbeiter werden somit ihre Bedarfe immer öfter über den Weltmarkt decken müssen, da die lokale / europäische Produktion zurückgeht. Auch die direkte Zusammenarbeit und Entwicklung wird schwieriger. Auswirkungen des Frackings in Asien, insbesondere China, hängen von verschiedenen Faktoren ab:
  • Wann und wie wird China seine nicht-konventionellen Gasvorkommen ausbeuten?
  • Werden CTO Prozesse (coal to olefins) ausgebaut? Diese eignen sich zur PP-Herstellung, werden momentan aber aus Umwelt- und Wasserschutzgründen gebremst.
  • Wie werden Propancracker in den SEA Staaten ausgebaut? Diese sind bei steigenden Propylenpreisen eine wirtschaftliche Alternative.

Besonders die Politik wird in diesen Regionen einen großen Einfluss auf das weitere Vorgehen haben. Im Fokus werden die Aufrechterhaltung der eigenen Wirtschaftsleistung und das weitere Wachstum stehen.

Bei technischen Kunststoffen oder Aromaten basierten Folgeprodukten werden hingegen keine oder nur sehr geringe Auswirkungen erwartet, da deren Wertschöpfungskette kaum mit der Gaschemie verbunden ist. Anstehende Veränderungen hängen nicht direkt mit dem durch Fracking ausgelösten Boom zusammen.

Auch im Zuge der Krim-Krise hat das Thema Fracking für Europa eine besondere Bedeutung erhalten. Die USA planen, einen gewissen Anteil der Gasproduktion in den USA zu verflüssigen und zu exportieren. Grundsätzlich könnten Flüssiggaslieferungen dann dazu beitragen, die Versorgungssicherheit in Europa zu erhöhen und die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.

Allerdings steht Europa für die US-amerikanischen Gasexporteure nicht an erster Stelle. In Asien lässt sich wegen der hohen Nachfrage nämlich ein deutlich höherer Preis erzielen als in Europa. Andererseits hat US-Präsident Barack Obama zuletzt die Geostrategische Dimension von Gaslieferungen hervorgehoben. Dies könnte in gesteigerten Bemühungen der USA münden, zügig Flüssiggas nach Europa zu liefern, um Russland wirtschaftlich in die Defensive zu bringen.